Ihr Manfred Kotters

Neuseeländer Spinat 2.0

Wofür der Besuch einer Landesgartenschau nicht alles gut ist. Man lernt zum Beispiel etwas „Neues“ kennen, das man allerdings bereits vor langen Jahren selbst schon einmal im Garten angebaut hatte. So erlebte ich das 2023 bei der LAGA in Höxter mit dem Neuseeländer Spinat. Da dachte ich mir spontan: „Stimmt. Das könnte ich auch gut mal wieder ausprobieren.“ Vor etlichen Jahren hatte ich allerdings das unerwartete Erlebnis, dass sich dieser (eigentlich

Mit Schafwolle erzielt man eine gute Stickstoffdüngung

frostempfindliche) Spinat massenweise im nächsten Jahr ausgesät hatte und dadurch das dort gekeimte Gemüse arg bedrängte. So ist das nun mal: wenn man mit einer Pflanze etwas Negatives verbindet, dann streicht man sie im Kopf nicht nur durch, sondern löscht sie oftmals komplett aus der Erinnerung. Ja, und jetzt sah ich sie dort auf dem Stand unseres Landesverbandes in Höxter üppig wachsen und die Löschung im Kopf wurde urplötzlich wieder aufgehoben.

Und ganz nebenbei hatten die Gestalter des Ausstellungsstandes noch zusätzlich einen praktischen Tipp parat: da Spinat ein Blattgemüse ist, benötigt er in erster Linie einen Stickstoffdünger. In Höxter hatte man zu diesem Zweck Schafwolle benutzt. Schafwolle hat viele Vorteile: da die Haare nur langsam zergehen, bleibt die Düngewirkung lange bestehen. Wenn sie unter die Jungpflanze (oder den direkt ins Beet gesäten Samen) in den Boden gelegt wird, zersetzen die Bodenlebewesen sie so peu à peu und der Stickstoff steht genau zu der Zeit zur Verfügung, wenn der Neuseeländer Spinat mit seinem Wachstum so richtig loslegt. Außerdem ist Schafwolle äußerst billig: die meisten Schäfer werden sie nicht los und sind deshalb froh, wenn man ihnen was davon abnimmt.

 

 

Damit-sie-besser-keimen-eine-Nacht-im-Wasserbad

Aber zurück zum Gemüse, das übrigens auf den Samentüten auch manchmal „Tetragonia“ heißt. Die Samenkörner waren unförmig und hatten einen Durchmesser von einigen Millimetern – mit ihnen konnte ich also gut umgehen, auch wenn ich keine Goldschmiedehände habe. Da die Samen nicht nur groß, sondern auch trocken waren, kamen sie vor der Aussaat erst mal eine Nacht ins Wasser.

Um einen Wachstumsvorsprung zu haben, die Keimung besser überwachen zu können und die frisch geschlüpften Keimlinge vor Schnecken zu schützen (zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass 2024 DAS Schneckenjahr schlechthin werden würde!), habe ich sie Ende März in 9 er Töpfe ausgesät. Jeweils drei Korn pro Topf, wovon allerdings (warum auch immer) in jedem Topf lediglich ein Korn keimte. Bis die ersten Blättchen sich schließlich blicken ließen, vergingen zwei bis drei Wochen. Wie bei den Roten Beten kamen aus einem Samenkorn oftmals mehrere Pflänzchen, die ich aber nicht vereinzelt habe. Obwohl sie im Gewächshaus standen und keine kalten Nächte dort erlebten, da ich sie in dem Fall nach drinnen geholt habe, sind sie bis zur Pflanzung im Garten Mitte Mai kaum größer geworden. Auch danach forderten sie meine Geduld. Zum Glück hatte ich sie mit einem Schneckenkragen geschützt, so konnten sie sich in Ruhe auf ihr späteres Wachstum vorbereiten – und das dauerte.

Erst am 17. Juli hatten wir unseren ersten Neuseeländer Spinat auf dem Teller. Dazu habe ich die großen, fleischigen Blätter und etliche Triebspitzen geerntet. Durch den Schnitt dieser Triebspitzen sah sich der Spinat genötigt, aus den Blattachseln neue Spitzen zu treiben, die ich dann einige Zeit später wieder ernten konnte. Somit verzweigte er sich laufend und bedeckte dadurch rasch eine immer größer werdende Fläche, was unkrauttechnisch äußerst positiv war. Hat die Pflanze erst einmal mit dem Wachstum begonnen, kann man in relativ geringen Abständen bis weit in den Herbst hinein Spinat ernten. Obwohl der Neuseeländer Spinat (Mittagsblumengewächse) mit dem herkömmlichen Spinat (Fuchsschwanzgewächse) nicht verwandt ist, ist der Geschmack fast identisch – wenn nicht sogar besser.

Mein Negativ-Erlebnis vor vielen Jahren sehe ich nun, nach dem Motto „aus Schaden wird man klug“, als eine der Lehren an, die ein Garten jederzeit für uns Hobbygärtner bereithält; deshalb habe ich nach Abschluss der Ernte im Spätherbst die Pflanzen rechtzeitig von Beet geräumt, um das ungewollte Aussamen zu vermeiden. Unbewusst hatte ich mit dem Anbau von Neuseeländer Spinat genau die richtige Entscheidung getroffen. Wie schon erwähnt, waren 2024 die Schnecken der Schrecken der Gartenliebhaber. Ich hatte vier Reihen normalen Spinat à drei Meter gesät. Die zwar langsamen aber hungrigen Schleimer haben es geschafft, dass kein Spinatblatt die Küche erreicht hat! Am Anfang hatte ich mich noch gewundert, warum der gesäte Spinat nicht auskommen wollte. Bis ich merkte, dass er zwar gekeimt war, aber postwendend abgefressen wurde. Durch meinen Erfolg mit dem Neuseeländer Spinat habe ich mich nun entschlossen, keinen normalen Spinat mehr auszusäen. Diesen habe ich bisher immer in großen Mengen geerntet, verarbeitet und portionsweise eingefroren, um ihn dann im Laufe des Jahres aufzutauen und zu verzehren. Mit dem Neuseeländer spare ich sowohl Arbeit als auch Energie, da ich vom Sommer bis zum Herbst immer frisch ernten kann. Für Kirsten und mich reichten die zwei Pflanzen vollkommen, die ich mit einem Meter Abstand auf dem Beet ausgepflanzt hatte.

Dass sich mein gewohnter Gartenplan so ändern könnte, habe ich wirklich nicht erwartet, als ich mit dem Neuseeländer Spinat auf der Landesgartenschau in Höxter etwas altes Neues wiederentdeckt hatte.

Text und Bilder: Manfred Kotters